6 Bahnen PVC natur, 6 Bahnen PVC schwarz
je Bahn 225 x 100 x 0,5 cm
Installation in der Kunsthalle am Hochstadenring, Bonn
Installation in der Städtischen Galerie im Museum Folkwang Essen
Installation in Neuer Kunstverein Aschaffenburg
Installation in der Staatsgalerie Moderner Kunst München
Gegeben sind zwölf PVC-Bahnen, sechs davon schwarz, sechs weitere in dem typischen PVC-Gelb-Ton, den der Künstler deswegen als "natur" bezeichnet. Jede Bahn mißt 225 x 100 x 0,5 Zentimeter. Gegeben ist weiterhin eine durchgehende Nagelreihe an der Wand der Ausstellungshäuser und Museen, auf die die Bahnen jeweils unterschiedlich - nebeneinander, überlappend oder übereinander - gehängt werden können. Aus einer glasklaren Grunddisposition entsteht eine potentiell unüberschaubare Fülle an Variationsmöglichkeiten. Dieses Arbeitsprinzip gilt nicht nur für diese Installation, sondern zeichnet generell die Vorgehensweise des Künstlers aus. Wobei es - und auch das ist signifikant für die Haltung Werner Haypeters - eben nicht darum geht, ein einmal entwickeltes Prinzip in all seinen Möglichkeiten durchzuspielen. Statt auf erschöpfende systematische Redundanz zielt der Künstler auf eine paradigmatische Auswahl, auf ein exemplarisches Vorführen von Möglichkeiten, die vom Betrachter weiter gedacht werden können. Ebenso geht er an den genannten Ausstellungsorten vor. Aus Zusammenrückungen von schwarzen und gelben Bahnen, partiellen und vollständigen Überlappungen, wie auch isoliert gehängten Einzelbahnen entsteht ein ebenso strenger, wie gleichzeitig rythmischer Ablauf, der in allen Fällen nicht nur die innerhalb der zwölf Bahnen möglichen grundlegenden Varianten auslotet, sondern gleichermaßen auf den Raumkontext reagiert, in dem sich die Arbeit bewegt.Am radikalsten und ästhetisch brisantesten fällt der Beitrag für die Staatsgalerie in München aus. Zu sehen sind, jedenfalls bei flüchtiger Betrachtung der Katalogabbildungen, nur zwei naturfarbene Bahnen und zwei schwarze Bahnen, die spiegelsymmetrisch links und rechts von der freibleibenden Mittelachse angebracht wurden.
Tatsächlich hat der Künstler aber die Bahnen in folgender Ordnung übereinander geschichtet: Zwei helle Bahnen über zwei schwarze Bahnen, eine einzelne helle Bahn, eine helle Bahn unter zwei schwarzen, und zwei schwarze Bahnen über zwei hellen. Es geht um das Bild, das zugleich Körper ist, um die Fläche, die sich räumlich auflädt und doch den Bezug zur Zweidimensionalität nie ganz verliert. Es geht um das subtile Spiel zwischen körperlicher Präsenz und meditativer Zurückgenommenheit, zwischen Interaktion mit dem Raum und Selbstreferenz. Der Raum wird lesbar als ein Volumen x-fach geschichteter Bildflächen, und das Bild zeigt seine Abhängigkeit von einer räumlichen Disposition. Und das Erzeugen unterschiedlicher Farbklänge ist nicht mehr an einen mehr oder weniger auratischen Produktionsakt des Künstlers geknüpft, sondern eine Frage der Anordnung des zur Verfügung stehenden Materials. Das Bild wird zum modularen Dispositiv. Als Display kommentiert es den Kontext, in dem es steht, ebenso, wie es ihn prägt und auch von ihm geprägt wird. Dabei geht der Effekt dessen, was wir sehen, über das hinaus, was als Handlung vollzogen wurde, um die Situation herzustellen: Die schwarzen Bahnen, die unter den hellen Bahnen liegen, durchscheinen den hellen Gelbton in einer fast geisterhaften Weise und laden das Ensemble mit einer Tiefe auf, die allein durch den simplen Akt der Schichtung nicht vorstellbar schien. Umgekehrt werden die zwei schwarzen Bahnen durch die ihnen untergeschobenen gelben Bahnen in ihrer Farbigkeit augenscheinlich überhaupt nicht veränder, bis man seitlich an sie herantritt und die gelben Kanten entdeckt, die hinter dne schwarzen leuchten: Eine Fülle malerischer Möglichkeiten, erzeugt allein aus der nüchtern-simplen Faktur des Industriematerials und orchestriert zu einer Setzung, die zugleich lapidar und auratisch, kühl und doch von einer inneren Wärme durchglüht, statisch und zugleich mit Bewegungspotential aufgeladen den umgebenden Raum prägt.
[Text: Stephan Berg: Ordnung und Offenheit in: »RÄUMEN. UWE SCHRÖDER WERNER HAYPETER LUTZ FRITSCH«. Hg. von Gisela Clement. 2010 Weidle Verlag]