Spielfeld

2013 Schauraum Ostflügel , Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern

„... also bin ich wohl ein Raumarbeiter.“
Werner Haypeter

Peter Lodermeyer

I.
Vertikale und horizontale Linien, Gitterformen, Quadrate und Kreise – das formale Vokabular, das sich in Werner Haypeters Arbeiten findet, greift offensichtlich auf Grundformen der geometrischen Abstraktion zurück. Dies hat manche Kritiker dazu veranlasst, sein umfangreiches und weit verzweigtes Werk mit Etiketten wie „Konkrete Kunst“ oder „Konstruktivismus“ zu versehen. Dabei bleibt jedoch unbeachtet, dass sich Haypeter zwar ein bewährtes Formenrepertoire der Moderne aneignet, es aber in anderer Funktion verwendet und neu interpretiert – und zwar gerade im Sinne der Überwindung eines formalistischen Kunstbegriffs. Haypeters Arbeit ist nicht vollständig zu erfassen, wenn man sich ihr über die formale Analyse nähert. Man kommt seinem Anliegen eher auf die Spur, wenn man sehr genau auf die wohl wichtigste Konstante in seiner Arbeit achtet: seine Aufmerksamkeit auf den Raum. Auf meine Frage, ob er sich eigentlich als Bildhauer oder doch eher als Maler im weitesten Sinne definiere, antwortete er einmal scherzhaft: „Es geht mir immer um Transparenz und Schichtung, d. h. um den Raum. Meine Arbeiten sind Raumarbeiten – also bin ich wohl ein Raumarbeiter.“

Der Raum ist für Haypeter keine abstrakte Angelegenheit, er ist nicht nur mathematisch oder physikalisch definiert, sondern immer auch gesellschaftlich bestimmt. Raum ist für ihn, mit einem Wort des Philosophen Michel Foucault, ein „Ensemble von Beziehungen“, und diese Beziehungen sind vor allem sozialer Natur. Räume sind für Haypeter wesentlich geprägt durch Arbeit und Funktionsabläufe, durch Arbeitsteilung, Gewohnheiten, historische Gegebenheiten, Nachbarschaften usw., also durch soziale Gefüge. Folgerichtig ist der Ausgangspunkt all seiner künstlerischen Entscheidungen als Raum-Prototyp immer mit im Spiel: sein Atelier. Haypeter hat sich schon als Student an der Düsseldorfer Akademie lebhaft für die sozialen Aspekte dessen interessiert, was ein Atelier ist und wie es im gesellschaftlichen Kontext funktioniert. Ende der 1970er-Jahre war er Mitglied der „Düsseldorfer Wandmalgruppe“, die mit Aktionen und riesigen Wandmalereien im öffentlichen Raum seinerzeit aktuelle politische Themen aufgriff und gegen Immobilienspekulation bzw. für den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum in Düsseldorf-Bilk kämpfte.1 Noch heute sind ihm Fragen nach dem sozialen Umfeld des Ateliers, nach Mietpreisen und Eigentumsverhältnissen, ein wichtiges Anliegen, auch wenn die lautstarke Agitation längst der Vergangenheit angehört. Das Atelier von Werner Haypeter befindet sich in einem Düsseldorfer Atelierhaus. Die Interaktion zwischen den dort arbeitenden Künstlern, die Abläufe innerhalb des Hauses, der Kontakt zu den benachbarten Werkstätten und Betrieben, deren spezifisches Materialwissen und handwerkliches Know-how sich bei Bedarf nutzen lassen – all das fließt wie selbstverständlich in die künstlerische Arbeit mit ein. Kunst ist für Haypeter kein isoliertes, autonomes Feld, kein Ort genialischer Geistesblitze und einsamer Inspiration. Kunst ist vielmehr eine Methode, sich auf intelligente Art in bestehende soziale Systeme einzuklinken, deren Impulse aufzunehmen, Beziehungen sichtbar zu machen und – ganz wichtig – gezielt Veränderungen vorzunehmen.

[Textauszug: "... also bin ich wohl ein Raumarbeiter. Werner Haypeter", Peter Lodermeyer in: HAYPETER raum maß-geblich". Ausstellungskatalog mpk - Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern, Hg. mpk, Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern 2013/2014, S.33-34]

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